Turtlezone Tiny Talks - Ticket ins Paradies Poyais gefällig?
Wirtschafts- und Finanzbetrüger gibt es schon so lange, wie Menschen Handel treiben. In den Steinzeit-Höhlen, im alten Ägypten, in Rom, in Griechenland – über alle Epochen hinweg. Und immer wieder ist es gelungen, oder wurde es zumindest versucht, Menschen über den Tisch zu ziehen und sich an ihnen zu bereichern. Oder Werte zu unterschlagen. Wir können dafür tausende Jahre zurückblicken. Sobald es Gewichte und Maßeinheiten gab, wurde versucht, diese zu fälschen. Sobald es Wertgegenstände gab und ärmere wie reichere Menschen, entstand der Wucher. Begonnen hat es mit dem Tausch von Erzen. Und Überlieferungen von Bestrafungen zeugen schon aus vorbiblischen Zeiten davon, dass die Gier oft stärker war als die Angst vor den Konsequenzen. Entsprechende Gesetze kannte man schon im alten Ägypten. Gregor MacGregor, der selbsternannte „Cazique von Poyais“ – der Fürst eines fiktiven Fürstentums. Er schafft es in den 20er-Jahren des 19. Jahrhunderts die Mundpropaganda über ein traumhaftes Fürstentum in Mittelamerika, Poyais, in Gang zu bringen. Ein Paradies für alle diejenigen, die sich tausende Kilometer von Großbritannien entfernt eine lukrative neue Existenz aufbauen wollen. McGregor verfasste und veröffentlichte dafür eigens einen über 300 Seiten umfassenden Reiseführer, machte mit Zeitungsanzeigen und Flyern jede Menge Öffentlichkeitsarbeit für Poyais, bevor er dann in die Landvermarktung einstieg. Zuvor hatte er in London sogar eine angebliche Botschaft eröffnet. Fast 200 hoffnungsvolle Menschen verkauften ihr Hab und Gut und erwarben bei ihm, dem schillernden Fürsten dieses Paradies, Grundstücke und zusätzlich tauschten sie ihr restliches Vermögen in die ebenfalls fiktive Währung des Fürstentums, den „Poyais-Dollar“. McGregor organisierte eine Schifffahrt für die Auswanderer und im Januar 1823 stach die „Kennersley Castle“ in See. Fast zwei Monate sollte die Seereise ins Paradies dauern. Dann kam das böse Erwachen. Ein Drama für die armen Opfer, aber ein Paradebeispiel dafür, wie gut Betrug funktioniert, wenn man ihn mit vertrauensbildenden Maßnahmen flankiert.